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Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
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IV. Was vom Leben übrig bleibt: Wege, Irrwege und Neuanfang

Muskelmann − Écorché

Das ausgestellte freiplastische, kolorierte Gipsmodell zeigt das komplette oberflächliche Muskelrelief im Stil eines typischen „Muskelmanns“ oder Écorchés (von excortocare - abhäuten). So bezeichnet man dreidimensionale Darstellungen menschlicher Figuren mit freigelegten Muskeln und Sehnen. Die Wiedergabe des Körpers ohne die äußere Hülle der Haut ermöglicht es insbesondere, dynamische Bewegungsmomente wirksam zur Geltung zu bringen. Vom Zeitalter der Renaissance bis ins 19. Jahrhundert dienten derartige Bildwerke Künstlern und Anatomen als beliebte Anschauungs-, Lehr- und Studienmodelle.

Das Motiv des Muskelmannes findet sich sowohl in medizinischen Schriften als auch in Vorlagebüchern für Maler. Dazu kommen dreidimensionale Objekte im Miniaturformat bis hin zu lebensgroßen Modellen, die aus Gips, Wachs oder Bronze gefertigt sein konnten und spätestens im 19. Jahrhundert in jeder repräsentativen Lehrsammlung einer Kunstakademie vorhanden waren. Die Posen, in denen die Figuren verharren, lassen zumeist deutlich erkennen, dass antike Plastiken und das an ihnen entwickelte Studium des menschlichen Körpers vorbildlich wirkten: Kontrapost und erhobene, gebeugte Armhaltungen sind wiederkehrende Motive.

Ist die Mehrzahl der Muskelmänner durch plastische Nachbildung − durchaus in einem engen Austausch zwischen Anatomen und Künstlern − entstanden, konnten einzelne Écorchés aber auch Anschauungsobjekte darstellen, die in einer anatomischen Präpariertechnik hergestellt wurden. Nachdem die Haut entfernt war, wurde der Körper mit Organen, Knochen und Muskeln konserviert. Diese Darstellungsform wurde im 18. Jahrhundert in Frankreich entwickelt.

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