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Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
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II. Geschichte der Anatomie in Heidelberg im 19. und frühen 20. Jahrhundert

Erich Kallius (1867-1935) – Leiter des Instituts (1921-1935)

Erich Kallius studierte in Freiburg und Berlin Medizin, promovierte 1892, um anschließend nach Göttingen zu wechseln. Im Oktober 1894 habilitierte er sich und wurde nach kurzer Assistentenzeit in Gießen 1895 in Göttingen außerordentlicher Professor. 1907 erhielt er einen Ruf als ordentlicher Professor nach Greifswald. Das Amt des Rektors konnte er jedoch 1914 krankheitsbedingt nicht antreten. Nachdem er 1917 die Leitung der Anatomischen Anstalt in Breslau übernommen hatte, folgte er 1921 als Nachfolger von Hermann Braus dem Ruf nach Heidelberg.

Ebenso wie bei seinen Amtsvorgängern lagen auch Kallius‘ Forschungsschwerpunkte im Bereich der vergleichenden Anatomie und der Entwicklungsgeschichte. Eines seiner Hauptarbeitsfelder waren seine Studien zur Entwicklung der Zunge und der Schilddrüse.

Kallius galt als einer der renommiertesten deutschen Anatomieprofessoren. In Heidelberg wurde er bereits kurz nach seiner Berufung 1923 Dekan der Medizinischen Fakultät und 1932/24 Rektor. Kallius war ein hervorragender Lehrer, er engagierte sich für den Ausbau der Anatomischen Sammlung, für die Einrichtung einer Bibliothek und für die Verbesserung der Sanitär-, Heizungs- und Elektroanlagen.

In politischer Hinsicht war Kallius ein konservativer Hochschullehrer. Besonders im Zusammenhang mit der Entlassung des pazifistischen Heidelberger Hochschullehrers jüdischer Herkunft Emil Julius Gumbel (1891-1966) hatte er sich exponiert, ohne ansonsten ein über den weit verbreiteten politischen Opportunismus hinausreichendes Engagement für den Nationalsozialismus gezeigt zu haben.

Die „Golgi‘sche Methode“

Kallius hatte sich wiederholt mit der als Golgi-Methode bezeichneten Technik zur Silberimprägnierung beschäftigt. Der Professor für Histologie und Pathologie an der Universität von Pavia, Camillo Golgi (1844–1926), hatte in zwei Schriften (1874 und 1884) die später nach ihm benannte Methode der Imprägnation von Hirngewebe veröffentlicht. Diese ermöglichte, die Morphologie einzelner Nervenzellen in ihrer oft bizarren Mannigfaltigkeit darzustellen und somit deren räumliche Ausbreitung genau zu erfassen.

1906 erhielt Golgi zusammen mit dem Neuroanatomen Santiago Ramon y Cajal für seine Arbeit den Nobelpreis für Physiologie und Medizin. Kallius setzte bei seinen Forschungen dieses Verfahren ein und versuchte, eine Lösung für das Problem zu finden, dass die entstehenden Präparate nur eine begrenzte Zeit sichtbar blieben, da sich die feinsten Strukturen schnell wieder entfärbten. Durch eine Nachbehandlung bzw. Nachfärbung der Präparate gelang es ihm, die Dauerhaftigkeit zu optimieren und so die Golgi Färbung zu verbessern. 1893 publizierte Kallius eine genaue Anleitung seiner Modifikation, die noch bis heute angewendet wird. Die beigefügten Tafeln zeigen Zeichnungen von August Vierling nach den von Kallius erstellten Präparaten.

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