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Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
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II. Geschichte der Anatomie in Heidelberg im 19. und frühen 20. Jahrhundert


Jakob Henle (1809-1885) - Leiter des Instituts (1844-1852)

Friedrich Gustav Jakob Henle begann sein Medizinstudium 1827 in Bonn. 1830/31 ging er für zwei Semester nach Heidelberg. Da ihm der Unterricht Tiedemanns unwissenschaftlich erschien, kehrte er wieder nach Bonn zurück, wo er bereits 1832 promovierte. Das Staatsexamen legte er 1833 in Berlin ab und nahm ein Jahr später dort eine Stelle als Prosektor an der Medizinisch-Chirurgischen Militär-Akademie an. 1837 folgte die Habilitation. Seine erste Professur bekleidete Henle von 1840 bis 1844 am Anatomischen Institut in Zürich.

1844 nahm er den Ruf nach Heidelberg an, wo er zunächst neben Tiedemann unterrichtete und verschiedene Vorlesungen übernehmen sollte. Tiedemann, der Tradition verhaftet, und der 28 Jahre jüngere Henle, der sich vor allem für die mikroskopische Anatomie begeisterte, kamen nicht gut miteinander aus. Über den Neubau des Anatomischen Instituts kam es zum offenen Streit. Persönliche Schicksalsschläge begünstigten, dass Tiedemann 1849 zurücktrat und Henle alleiniger Institutsleiter wurde. Zum Wintersemester 1852/53 wechselte Henle nach Göttingen, wo er bis zu seinem Tod im Mai 1885 sehr erfolgreich forschte und lehrte.

Henles bleibender Verdienst besteht in der Etablierung der mikroskopischen Anatomie als integraler Bestandteil der Ausbildung zum Mediziner. Sein Forschungsschwerpunkt bildete das Epithel und dessen Derivate. Er analysierte den Bau des Tubulussystems der Niere und erkannte die Funktion der nach ihm benannten „Henle-Schleife“.

Rationelle Medizin

Jakob Henle veröffentlichte in den Jahren 1846–1853 nicht nur sein dreibändiges „Handbuch der Rationellen Pathologie“, sondern gab zusammen mit seinem Freund Karl Pfeufer ab 1844 ein Periodikum mit dem programmatischen Titel „Zeitschrift für rationelle Medicin“ heraus. Ziel dieses neuen Journals war eine Erneuerung der Medizin im Allgemeinen und der Pathologie im Besonderen, wobei die neuen Erkenntnisse durch den Einsatz der Mikroskopie von besonderer Bedeutung waren.

Henle sah Krankheiten nicht als Strafe Gottes oder als Schicksal, das man hinzunehmen habe, sondern er forderte, dass jeweils die „rationellen“, naturwissenschaftlichen Erklärungen und Gesetzmäßigkeiten einer Krankheit oder eines Krankheitsverlaufes beziehungsweise die Wirksamkeit eines Medikaments analysiert werden müssten. Nicht nur die Symptome müssten behandelt, sondern deren Ursachen erforscht werden. Schon ein halbes Jahrhundert bevor Robert Koch Bakterien auch unter dem Mikroskop nachwies, entdeckte Henle allein durch die scharfsinnige und logische Analyse von Symptomen, dass Infektionskrankheiten durch Erreger (Myasmen) ausgelöst und übertragen werden.

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