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Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
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II. Geschichte der Anatomie in Heidelberg im 19. und frühen 20. Jahrhundert

Friedrich Tiedemann (1781-1861) − Leiter des Instituts (1816-1849)

Friedrich Tiedemann studierte unter anderem in Marburg Medizin. Im Jahr 1805 wurde er Professor für Anatomie und Zoologie in Landshut. 1816 folgte er dem Ruf nach Heidelberg. Tiedemann bekleidete 33 Jahre die Position des Direktors bevor er – im Kontext von Streitigkeiten mit Jakob Henle um den Neubau des Instituts – 1849 den Antrag auf Pensionierung stellte.

Tiedemann engagierte sich auch gesellschaftspolitisch. Veranlasst durch eine misslungene Enthauptung im Jahr 1827 in Heidelberg protestierte er mit einem öffentlichen Aufruf gegen die inhumane Hinrichtung durch das Schwert und forderte die Abschaffung der Todesstrafe. Es sollte jedoch bis 1844 dauern, bis zumindest in Heidelberg die letzte Hinrichtung vollzogen wurde. Außerdem wies er nach, dass sich das Gehirn von Menschen mit dunkler Hautfarbe nicht von dem von Europäern unterscheidet und beiden somit das gleiche Potential und die gleiche Würde zugestanden werden muss.

Friedrich Tiedemann war Prorektor, Mitglied des Engeren Senats und mehrfach Dekan der Medizinischen Fakultät. 1833 wurde er Ehrenbürger der Stadt Heidelberg.

„Die Galle des Ochsen“

Als Vertreter einer experimentellen Naturwissenschaft galt Friedrich Tiedemanns Interesse nicht nur der Beschreibung anatomischer Strukturen, sondern ebenso auch den Funktionen des menschlichen Körpers. Zusammen mit dem Heidelberger Chemiker Leopold Gmelin (1788–1853) führte er verschiedene Versuche im Bereich der Verdauungschemie durch. Ihr 1827 gemeinsam veröffentlichter Artikel über die „Galle des Ochsen“ findet bis heute Beachtung. Erstmals beschrieben die beiden Wissenschaftler einen Bestandteil, den sie aus der Galle von Rindern (Bos taurus) isoliert hatten, den sie zunächst Gallen-Asparagin nannten und der heute als „Taurin“ bekannt ist.

Das Aminosäureabbauprodukt Taurin findet man heute in Duschgels und anderen Kosmetika sowie in den sogenannten Energy-Drinks. Dem Taurin werden unterschiedliche Wirkungen zugeschrieben: Es beeinflusst beispielsweise die Signalübertragung und die Entwicklung des Zentralnervensystems, stimuliert den Einstrom von Calciumionen in Zellen, soll entzündungshemmend und Blutdruck senkend wirken, beschleunigt den Stoffwechsel und soll durch Alkohol hervorgerufene Schäden an der Leber mindern.

Porträt von Friedrich Tiedemann in der Objekt- und Multimediadatenbank heidICON

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