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Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
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II. Geschichte der Anatomie in Heidelberg im 19. und frühen 20. Jahrhundert

Franz Joseph Gall und die Phrenologie

Die von Franz Joseph Gall (1758−1828) entwickelte Lehre der Phrenologie besagt, dass die menschlichen Charaktereigenschaften und Zustände durch 30 im vorderen Teil des Gehirns liegende Felder oder Bezirke repräsentiert werden. Je nach Ausprägung der jeweiligen Wesenszüge sollten diese an der äußeren Form des Schädels erkennbar sein. Diese Annahme fand große Akzeptanz, auch bei vielen Intellektuellen. Selbst Goethe gehörte zu den Anhängern Galls und dessen Hypothese. Einer der wenigen, die den Ansichten Galls skeptisch gegenüber standen, war Fidelis Ackermann.

Ackermann versuchte als erster 1806 mit seinem hier ausgestellten Buch der Phrenologie mit anatomischen und entwicklungsgeschichtlichen Argumenten zu widersprechen. Gall reiste 1807 nach Heidelberg, um sich dort im Anatomischen Theater in der ehemaligen Dominikanerkirche mit Ackermann auseinanderzusetzen. Er versuchte, seine Meinung mit vielen Abgüssen, die er eigens zur Beweisführung mitgebracht hatte, zu untermauern. Am 8. Februar 1807 bescheinigte das „Heidelberger Morgenblatt“ Gall eine „seltene Gabe der Popularität“. Ackermann musste eine öffentliche Niederlage hinnehmen, er sei bei seinem Vortrag, in dem er ein präpariertes Rückenmark präsentiert hatte, „ganz das Gegenteil von Gall“ gewesen.

Achtzehn Jahre nach dem Tod Ackermanns, im Jahr 1833, brachte sein Lehrstuhlnachfolger Friedrich Tiedemann einen „Gall’schen Schädel“ aus Paris mit nach Heidelberg. Auf der Oberfläche des Schädels sind linksseitig die „Organe“ nach Gall markiert, auf der rechten Seite finden sich die Bezeichnungen von dessen Schüler Johann G. Spurzheim (1776−1832).

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