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Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
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I. Anatomische Lehre und Forschung in Heidelberg heute

Nachfolger von Säge und Skalpell: das Handwerkszeug des heutigen Anatomen

Wenn moderne Mikroskope die Augen heutiger Anatomen sind, was sind dann deren Hände? Pinzette und Skalpell, Messer und Sägen waren über Jahrhunderte die typischen Werkzeuge zur Gewinnung anatomischer Erkenntnisse. Nicht zuletzt leitet sich die Bezeichnung des Faches vom Vorgang des Schneidens her. Heutzutage steckt die Klaviatur molekularbiologischer Methoden den experimentellen Spielraum für anatomische (morphologische oder strukturelle) Forschungen ab und transformiert damit die Arbeitswelt vom sinnlich Anschaulichen ins Abstrakte.

Die typischen Arbeitsvorgänge erfolgen in Volumina im µl (mikroliter) Bereich. 1µl ist der millionste Teil eines Liters und entspricht etwas mehr als dem Tröpfchen aus einem Parfümzerstäuber. Um solch kleine Volumina zuverlässig zu handhaben, sind spezielle Reaktionsgefäße und genauestens kalibrierte Pipetten erforderlich. Das Volumen wird dabei nicht etwa in die Pipette selbst, sondern in eine zuvor aufgesetzte Plastikspitze gesaugt. Dementsprechend gering sind auch die Massen der Stoffe (z. B. Proteine oder DNA), mit denen es ein Forscher gemeinhin zu tun hat, viel zu gering, um auf einer noch so feinen Waage bestimmt zu werden, denn bereits der kleinste Luftzug würde die Messung verfälschen. Proteine werden entsprechend ihrer molekularen Masse in Polyacrylamid-Gelen (Proteine mit hoher Molmasse „laufen“ am oberen Ende des Gels) und Nukleinsäuren in Agarose-Gelen (lange DNA-Stücke wandern weniger schnell als kurze) im elektrischen Feld aufgetrennt und durch spezielle Färbemethoden als „Banden“ sichtbar gemacht. Dabei ist jede Bande bereits das Resultat eines statistischen Prozesses, denn sie besteht aus sehr vielen Molekülen mit gleicher Molmasse. Schließlich müssen die Ergebnisse der Untersuchungen wieder in Strukturen „übersetzt“ werden. Dies geschieht entweder durch mikroskopische Techniken oder indem ein abstraktes Modell konzipiert wird, das selbstverständlich weiteren experimentellen Prüfungen standhalten oder direkt mikroskopisch überprüfbar sein muss.

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