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Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
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I. Anatomische Lehre und Forschung in Heidelberg heute


Lehre und Forschung am Puls der Zeit

Das 1805 gegründete Heidelberger Anatomische Institut befand sich ursprünglich in der Altstadt. Seit 1973 ist es im Neuenheimer Feld als „Institut für Anatomie und Zellbiologie“ beheimatet. Hier lernen die Studierenden der Medizin in unterschiedlichen Kursen den makro- und mikroskopischen Aufbau des menschlichen Körpers, seiner Gewebe und Organe sowie deren Beziehungen zueinander kennen. Diese Grundkenntnisse sind Voraussetzung für das Verständnis der Funktionen und damit für das Erkennen krankheitsbedingter Veränderungen.

Neben der Lehre hat das Institut den Auftrag, Forschung zu betreiben.

Während es in den Anfängen des Institutes galt, Lagebeziehungen zu beschreiben sowie Strukturen und Funktionen des menschlichen Körpers zu entdecken und zu verstehen, hat sich nicht zuletzt durch die Einführung des Elektronenmikroskops und molekularbiologischer Methoden das Bild der anatomischen Forschung grundlegend geändert.

Einen besonderen Schwerpunkt in Heidelberg bilden neurowissenschaftliche Forschungsarbeiten. Insbesondere sollen die materiellen Grundlagen neuronaler Prozesse aufgeklärt werden, die motorischen und kognitiven Funktionen des Zentralnervensystems zu Grunde liegen.

Anatomie im 19. Jahrhundert – eine Wissenschaft am Ende?

„Die Anatomie des menschlichen Körpers, mit Ausnahme der Untersuchungen über den Hirnbau, ist seit zwei Jahrzehnten auf einen Punkt gerathen, wo das Weiterschreiten fast ohnmöglich scheint. Alle Organe des menschlichen Körpers im ausgebildeten Zustande sind ihrer äusseren Form nach mit Genauigkeit beschrieben, die Struktur der meisten Organe ist erkannt, die Zusammenfügung der Knochen, die Anlagerung der Muskeln, der Verlauf der Gefässe und Nerven ist aufgefunden, und so hat sich das anatomische Studium, im gewöhnlichen Sinne des Worts, in blosen Beschreibungen erschöpft.“

Dieses düstere Bild vom Ende der Anatomie als Wissenschaft zeichnete Anfang des 19. Jahrhunderts nicht etwa ein Kritiker, sondern ein exponierter Vertreter seiner Zunft. Friedrich Tiedemann (1781−1861) war von 1816 bis 1849 Ordinarius für Anatomie an der Ruprecht-Karls-Universität in Heidelberg (siehe auch Exponate II.8−10, V.24) und Autor eines damals bahnbrechenden Werkes zur Entwicklung des Gehirns, in dem er auf Analogien bei Wirbeltieren hinwies und damit Aspekte der Evolutionstheorie vorwegnahm.

Im ersten Abschnitt seiner Schrift „Anatomie und Bildungsgeschichte des Gehirns im Foetus des Menschen“ untersuchte er dabei die neun Monate währenden „Entwicklungsperioden“ des Hirns beim Fötus. Der zweite Abschnitt ist dem Vergleich dieser Ergebnisse mit den Beobachtungen bei Tieren gewidmet, stets auch unter Einbeziehung der Thesen anderer Forscher, wie z. B. Charles Etienne, Frederik Ruysch oder Franz Joseph Gall.

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